Thursday, October 05, 2006

das schwarze schaf in tallinn






schwarze schafe üben solidarität, jedenfalls sofern sie früher zwangsweise zum sowjetimperium gehörten. und so erklärt sich die existenz eines kaukasischen restaurants in tallinn: der besitzer, ein este, hatte vor fünfundzwanzig jahren seinen dienst in der sowjetarmee zu leisten und befreundete sich dort mit menschen, die das ebenso wenig zu schätzen wußten wie er. die freundschaft zu einem georgier und einem armenier hält seitdem an, sie lieferten die rezepte für das must lammas.

aber das alles erfahren wir erst ganz am schluß, beim wodka (wodka paßt zu allem! sprach fish), nach diesem wunderbaren essen, serviert von dieser wunderschönen kellnerin, die all unsere fragen geduldig beantwortet und sich dabei immerzu für ihr sehr gutes englisch entschuldigt.

auf dem gang zur toilette (nie mehr ohne kamera - sie werden sehen!) fiel mir ein, daß die existenz eines kaukasischen restaurants in estlands hauptstadt geschichtlich völlig logisch ist - in den russischen restaurants rund um den marktplatz sitzen nur touristen. aber ich wollte es doch genauer wissen, und darum fragten wir die schöne estin ganz am schluß, beim wodka.

entschuldigten uns für unsere neugier. völlig überflüssig, weil ihre antwort ganz ungehemmt und mit charmant-grimmigen nationalstolz und sehr umfassend war. und sie sofort zur aktuellen weltpolitik überging: ihr neuer präsident (estland hatte gerade einen neuen präsidenten bekommen) würde gerade jetzt (sie sagte tatsächlich: just now) mit dem georgischen präsidenten zusammenarbeiten und nach einer lösung suchen, den georgiern zu helfen.

(am späten abend dann im hotelfernseher sah ich in den estnischen spätnachrichten bilder eines in estland gelandeten transportflugzeuges, dem georgier entstiegen, in empfang genommen von estnischen helfern, in einer notunterkunft mit allem versorgt werdend. und ich reimte mir zusammen, daß die esten den georgiern helfen, nach hause zu kommen, da putin alle direktflüge nach georgien abgeschafft hatte. also flog man nun wohl als georgier, der in russland lebt und arbeitet, via estland nach hause.)

essen bildet, besonders, wenn es schmeckt. und by the way: ich bin ja eher mit sog. armer küche zu beeindrucken, die aus wiederum sogenannten einfachen und billigen zutaten schönes essen hervorbringt - zu rein artifiziellen dekorationsübungen laß ich mich ausschließlich einladen.

was hier im must lammas aus bohnen, spinat, kartoffeln und einheimischen beeren auf den tisch gestellt wird, ist aller ehren wert - die preise dafür beschämend niedrig, aber darum (hoffentlich!) auch von esten zu bezahlen.

must lammas
restoran
sauna 2
tallinn
www.mustlammas.ee

ps: estnische küche hat für vegetarier kaum etwas zu bieten - kaukasische küche macht sie glücklich!

pps: dem schwarzen schaf gegenüber in der gasse, die tatsächlich sauna heißt, befindet sich das schwule zentrum tallinns, welches an donnerstagabenden gegen zehn uhr aber noch freundlich vor sich hin döst...

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